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Anekdoten rund ums Automobil

Stuttgarter Zeitung - "Bad Cannstatt und Neckarvororte" vom 08.07.2011

Untertürkheim

Der Bürgerverein zeigt seine neue Ausstellung
"110 Jahre Automobiltradition".


Von Claudia Leihenseder

Die Geschichte des Stadtbezirks Untertürkheim ist fest verbunden mit der Geschichte des Automobils. Vor 110 Jahren wurde der Kaufvertrag über ein "Bauterrain" auf der Markung für die Firma Daimler unterschrieben. Vor 85 Jahren schlossen sich hier Daimler und Benz zusammen. Und heute hat die Daimler AG ihren Sitz in Untertürkheim.

110 Jahre
Foto: Enslin

All das ist Grund genug für den Bürgerverein, diese Geschichte in einer Ausstellung in der Stadtteilbücherei aufzugreifen. "Sie müssen sich das als Automobilsommerwiese vorstellen", sagt Eberhard Hahn vom Bürgerverein Untertürkheim. Wer durch die Ausstellung geht, findet wie auf einer Wiese kleinere und größere Fundstücke. Die meisten Exponate stammen aus seiner persönlichen Sammlung. Zum Beispiel die Gläser mit der goldenen Zahl 100, die vor 25 Jahren zum 100-Jahr-Jubiläum ausgegeben wurden. In der Vitrine daneben ist ein Fundstück, an dessen Vorbild sich so mancher sicher noch erinnern kann: Als kleines Plexiglasmodell steht da das futuristisch anmutende Vehikel, mit dem 1986 bei der legendären Fernsehjubiläumsfeier der Moderator in den Saal gefahren kam.

In einer anderen Vitrine wartet ein Original auf die Besucher: "Das war die erste Lampe, die in die ersten Fahrzeuge eingebaut wurde", erzählt Hahn. Das handgefertigte Stück leuchtete früher an den ersten Kutschen, die mit einem Motor ausgestattet wurden. "Strom gab es damals noch nicht im Automobil", sagt Hahn. Die Lampe funktionierte mit Petroleum. Das Original hat Eberhard Hahn von einer Firma aus Kirchheim ausgeliehen, die bereits für Maybach gearbeitet hat.

Eine Anekdote der besonderen Art hat Hahn zu seiner russischen Ecke in der Ausstellung zu erzählen. Als Daimlermitarbeiter war er 1980 in Moskau in Vorbereitung zu den Olympischen Spielen. Mercedes-Benz sponserte damals die Flotte des Olympischen Komitees. Doch dann kam der Boykott der Vereinigten Staaten und in dessen Folge der Boykott der Bundesrepublik Deutschland. Eberhard Hahn und seiner Delegation wurde nahe gelegt auszureisen: "Wir mussten über Nacht das Land verlassen." Damals mitgebracht und nun ausgestellt hat Eberhard Hahn original sowjetische Lada-Modelle und kleine Plexiglasobjekte mit dem olympischen Logo, dem Daimlerstern und russischem Schriftzug.

In der Ausstellung sind Fundstücke der Geschichte, Souvenirs und auch viele Automodelle zu sehen, viele davon von Mercedes, aber bei weitem nicht alle. Denn: "Das ist keine Mercedes-Ausstellung." Vielmehr will der Bürgerverein die Automobilgeschichte insgesamt beleuchten. Da sind unter anderem auch Plakate von früheren Autorennen ausgestellt, Texttafeln etwa zu Hermann Scheihing, der das Motorrad UT im Untertürkheim der 20er Jahre baute, oder Informationen zur Geschichte der lokalen Autohäuser.

Auf ein Exponat ist Eberhard Hahn aber besonders stolz. Es steht direkt beim Eingang an der Theke: eine Souvenir-Lampe mit Mercedes-Benz-Schriftzug und Ornamenten auf dem Lampenschirm. Diese wurde Hahn persönlich geschenkt, und zwar von niemand anderem als von Juan Manuel Fangio, dem berühmten Mercedes-Rennfahrer, der in den 50ern und bis in die 60er Jahre hinein für die Marke mit dem Stern Rennen gefahren ist.