Untertürkheim
Der Bürgerverein zeigt seine neue Ausstellung
"110 Jahre Automobiltradition".
Von Claudia Leihenseder
Die Geschichte des Stadtbezirks Untertürkheim ist fest verbunden mit
der Geschichte des Automobils. Vor 110 Jahren wurde der Kaufvertrag über
ein "Bauterrain" auf der Markung für die Firma Daimler unterschrieben.
Vor 85 Jahren schlossen sich hier Daimler und Benz zusammen. Und heute
hat die Daimler AG ihren Sitz in Untertürkheim.
Foto: Enslin
All das ist Grund genug für den Bürgerverein, diese Geschichte in
einer Ausstellung in der Stadtteilbücherei aufzugreifen. "Sie müssen
sich das als Automobilsommerwiese vorstellen", sagt Eberhard Hahn vom
Bürgerverein Untertürkheim. Wer durch die Ausstellung geht, findet wie
auf einer Wiese kleinere und größere Fundstücke. Die meisten Exponate
stammen aus seiner persönlichen Sammlung. Zum Beispiel die Gläser mit
der goldenen Zahl 100, die vor 25 Jahren zum 100-Jahr-Jubiläum
ausgegeben wurden. In der Vitrine daneben ist ein Fundstück, an dessen
Vorbild sich so mancher sicher noch erinnern kann: Als kleines
Plexiglasmodell steht da das futuristisch anmutende Vehikel, mit dem
1986 bei der legendären Fernsehjubiläumsfeier der Moderator in den Saal
gefahren kam.
In einer anderen Vitrine wartet ein Original auf die Besucher: "Das
war die erste Lampe, die in die ersten Fahrzeuge eingebaut wurde",
erzählt Hahn. Das handgefertigte Stück leuchtete früher an den ersten
Kutschen, die mit einem Motor ausgestattet wurden. "Strom gab es damals
noch nicht im Automobil", sagt Hahn. Die Lampe funktionierte mit
Petroleum. Das Original hat Eberhard Hahn von einer Firma aus Kirchheim
ausgeliehen, die bereits für Maybach gearbeitet hat.
Eine Anekdote der besonderen Art hat Hahn zu seiner russischen Ecke
in der Ausstellung zu erzählen. Als Daimlermitarbeiter war er 1980 in
Moskau in Vorbereitung zu den Olympischen Spielen. Mercedes-Benz
sponserte damals die Flotte des Olympischen Komitees. Doch dann kam der
Boykott der Vereinigten Staaten und in dessen Folge der Boykott der
Bundesrepublik Deutschland. Eberhard Hahn und seiner Delegation wurde
nahe gelegt auszureisen: "Wir mussten über Nacht das Land verlassen."
Damals mitgebracht und nun ausgestellt hat Eberhard Hahn original
sowjetische Lada-Modelle und kleine Plexiglasobjekte mit dem olympischen
Logo, dem Daimlerstern und russischem Schriftzug.
In der Ausstellung sind Fundstücke der Geschichte, Souvenirs und auch
viele Automodelle zu sehen, viele davon von Mercedes, aber bei weitem
nicht alle. Denn: "Das ist keine Mercedes-Ausstellung." Vielmehr will
der Bürgerverein die Automobilgeschichte insgesamt beleuchten. Da sind
unter anderem auch Plakate von früheren Autorennen ausgestellt,
Texttafeln etwa zu Hermann Scheihing, der das Motorrad UT im
Untertürkheim der 20er Jahre baute, oder Informationen zur Geschichte
der lokalen Autohäuser.
Auf ein Exponat ist Eberhard Hahn aber besonders stolz. Es steht
direkt beim Eingang an der Theke: eine Souvenir-Lampe mit
Mercedes-Benz-Schriftzug und Ornamenten auf dem Lampenschirm. Diese
wurde Hahn persönlich geschenkt, und zwar von niemand anderem als von
Juan Manuel Fangio, dem berühmten Mercedes-Rennfahrer, der in den 50ern
und bis in die 60er Jahre hinein für die Marke mit dem Stern Rennen
gefahren ist.